10 kritische Thesen: Synchrone Schnittstelle

Zur besseren Einordnung der Problematik und als Entscheidungshilfe finden Sie in diesem Beitrag verschiedene kritische Thesen zu dem Thema "Synchrone Schnittstelle".

Einleitung

Dieser Beitrag bietet Denkanstöße für die Nutzenbewertung einer potenziellen Konfiguration, in der eine Software synchron und somit „live“ an eine andere Software-Lösung angebunden wird. Durch eine solche Lösung kann also direkter Zugriff auf Datenstrukturen und Inhalte eines anderen Systems erfolgen. Dadurch wird erreicht, dass quasi nur die entsprechenden Daten aus dem angebundenen System genutzt werden können, anstatt asynchron replizierte Daten aus zeitgesteuerten oder ereignisbasierten Schnittstellen.

Die nachfolgenden 10 Punkte liefern kritische Thesen für die eigenständige Analyse einer entsprechenden Konfiguration im Kontext von Online-Shop und ERP. Der Beitrag erhebt dabei weder Anspruch auf Richtigkeit im Sinne Ihres Projekts, noch auf Vollständigkeit. Die Entscheidung, ob und inwieweit eine synchrone Anbindung notwendig und geeignet ist oder eben nicht, können Sie nach der Lektüre eventuell besser einschätzen.

Eine schnelle, stabile und redundante Internet-Verbindung ist ein Muss

Eine synchrone Anbindung setzt eine stabile Internet-Verbindung voraus, die zudem schnell und redundant sein muss. Während Rechenzentren, in denen Shop-Systeme üblicherweise gehostet werden, speziell für den Einsatz geschäftskritischer Aufgaben und Aktivitäten ausgelegt und deshalb mehrfach redundant mit hoher Bandbreite ins globale Web eingebunden sind, ist dies bei den eigenen IT-Systemen oft nicht der Fall. Bedenken Sie, dass Ihre Internet-Anbindung (Geschwindigkeit, Traffic-Aufkommen, Verfügbarkeit) die Usability des Shops maßgeblich beeinflusst.

Der Shop produziert unkalkulierbare Last im ERP-System

Jeder gleichzeitig aktive Kunde im Shop ist auch ein aktiver User im ERP - und damit Last im wahrscheinlich wichtigsten IT-System Ihres Hauses. Sind zehn Anwender im Shop und legen Artikel in den Warenkorb oder rufen den Artikelstamm eines Artikels auf, müssen für diese Anwender die betreffenden Daten aus dem ERP abgefragt werden und benötigen die entsprechenden Ressourcen. Die effizienten Cache-Funktionen des Shops, der die Daten üblicherweise zentral in seinem Speicher vorhält, können nicht oder nur eingeschränkt genutzt werden und machen den Shop spürbar langsamer.

Externe ERP-Zugriffe können Lizenzkosten verursachen

Für den Zugriff einer externen Anwendung auf die ERP können zusätzliche Lizenzen anfallen, also einmalige Kosten plus laufende Support- und Updategebühren. Die Lizenzen sind dann zusätzlich zu Shop-Lizenzen und den Aufwendungen für die Stammdaten-Schnittstellen erforderlich. Alternativ dazu könnten etwa die Hotline sowie Vertrieb und Innendienst mit dem Shop und nicht mit der ERP arbeiten und so Lizenz- und Wartungskosten sparen.

Interne IT-Probleme sowie Updates können den Shop stören

Sie müssen mit Einschränkungen sowie der Nichtnutzbarkeit des Shops bei allen Änderungen und Updates rechnen, die Ihr ERP und Ihre Infrastruktur betreffen. Zur Infrastruktur gehört maßgeblich die gesamte IT (Server, Netzwerk, Firewall, Betriebssystem, DSL, Glasfaser-Leitungen, USV-Aggregate, Switches, Verkabelung). Jede denkbare Störung, die den Zugriff auf das ERP einschränkt, beeinflusst parallel das Benutzererlebnis im Shop und die entsprechende Nutzbarkeit.

Synchrone Schnittstellen steigern die Komplexität und die Abhängigkeit

Ein Modul zur Live-Anbindung stellt in der Aufzählung der Lösungsbestandteile für eine Shop-Lösung eine weitere, potenziell fremde Dritt-Komponente dar, die die Komplexität des Systems erhöht. Gleichwohl kann aus Gründen der Performance oft nicht auf asynchrone Schnittstellen für den Austausch von elementaren Stammdaten verzichtet werden. Werden Komponenten von Drittanbietern genutzt, müssen diese implementiert und gewartet werden, wodurch zusätzliche Kosten entstehen können. Synchrone Anbindungen sind somit ein Faktor für zumeist deutlich höhere Kosten und Komplexität.

Diametrale Positionen bei Kauferlebnis und Effizienz

Verfügbarkeit und Performance der Shop-Lösung stehen meist im Vordergrund. Die Nachteile einer synchronen Anbindung stehen in Bezug auf die Datenzugriffe jedoch diametral zu dem Ziel, ein kundenfreundliches Bestell- und Kauferlebnis zu schaffen. Nur asynchrone Schnittstellen gewährleisten die Speicherung aller notwendigen Artikeldaten in den Datenbank-Strukturen des Shops und schaffen damit die nötige Persistenz, um Informationen quasi ohne Verzögerung zur Verfügung zu stellen. Permanent notwendige Abfragen im ERP, etwa für Stammdaten, Preise und Lagerbestände, können vielfach Verzögerungen und den hohen Verbrauch technischer Ressourcen bedeuten.

Nur wenige Systeme besitzen die notwendigen Voraussetzungen

Die Unterstützung für eine synchrone Anbindung muss von allen beteiligten Systemen gleichermaßen unterstützt werden. Ist für eines der Systeme keine entsprechend dafür ausgelegte API oder eine Datenbank-Lösung mit den notwendigen Funktionen und Schnittstellen vorhanden, muss diese zunächst als Middleware implementiert werden, um den Datenzugriff zielführend implementieren zu können. So können die Lösungen aber kaum vollständig aufeinander abgestimmt werden, was das Konzept des synchronen Zugriffs ad absurdum führt.

Weitere Detail-Probleme möglich

Sobald Daten über die API eines der verbundenen Systeme nur auf Satzbasis und nicht listenbasiert abgefragt werden können, sind die Möglichkeiten zur Implementierung einer synchronen Lösung stark eingeschränkt. So wäre eine aufwändige Steuerung notwendig, um Daten verschiedener Artikel in Übersichten des Shops darzustellen. Ein weiteres Problem sind reziprok ablaufende Datenänderungen im Hintergrund. Dies betrifft etwa gekaufte Artikel, die auch in anderen Warenkörben liegen, auf die eine Schnittstelle oft keinen Zugriff hat. Ebenso sind Bestandsveränderungen im ERP möglich, die sich statusverändernd auf Warenkörbe auswirken. Der zusätzliche Programmieraufwand, um nur geringe Verbesserungen gegenüber einer asynchronen Schnittstellenlösung zu erzielen, ist immens und zudem schlechter kalkulierbar. Zudem würden synchronen Schnittstellen gesteigerten Ressourcenbedarf nach sich ziehen. Damit wären noch längere Wartezeiten für die Shop-User sowie höhere Betriebskosten und eine größere Abhängigkeit verbunden.

Unkalkulierbare Effekte wahrscheinlich

Eine synchrone Schnittstelle funktioniert in etwa wie eine dauerhaft geöffnete Leitung, die den Transport der Daten zwischen verschiedenen Endpunkten ermöglicht und eine stabile Leitungskapazität benötigt. Das Verhalten der Systeme ist bei Abbruch der Verbindung oder Leistungsabfall im Durchsatz kaum kalkulierbar, sofern nicht zusätzlich Kontrollmechanismen und Fallbacks integriert werden. Dies aber lässt die Komplexität der Lösung sowie die Abhängigkeit von der Funktionalität noch weiter ansteigen. So müssten beispielweise Plug-ins für den Shop programmiert werden, die etwa ein Auslösen der Bestellung unterbinden, wenn der Warenkorb nicht abschließend mit dem ERP-Bestand abgeglichen werden kann.

Langfristige Anpassbarkeit ist potenziell fraglich

Zwar verfügen die meisten SHOP-Systeme über eine ständig weiterentwickelte API, die zumeist abwärtskompatibel bleibt. Ebenso ist man mit einem entsprechend ausgestatteten ERP-Systeme gut gerüstet. Durch die sehr tiefgehende gegenseitige Integration mittels einer synchronen Anbindung bedeuten Updates und Erweiterungen an der einen oder anderen Lösung allerdings ein hohes Risiko für den langfristig stabilen Betrieb. Sie wirken im Hinblick auf Innovationen hinderlich, verlässliche Planungen werden erheblich erschwert.